Die zweite Corona-Welle überrollt Indien – das Land braucht Unterstützung. Wie jetzt geholfen werden kann.

Rituj Sahu berichtet über die Situation in seinem Herkunftsland Indien, das derzeit massiv unter der Corona-Krise leidet und dringend Hilfe benötigt. Er ruft zum Spenden auf und empfiehlt eine Reihe von Hilfsorganisationen.

von Rituj Sahu

Von Indien nach Deutschland

Mein Name ist Rituj Sahu. Als Bundeskanzler*innen-Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung, bekam ich 2020 die Möglichkeit, für zwölf Monate bei Wider Sense zu hospitieren. Daher zog ich im Oktober aus meiner Heimat Indien nach Berlin. Für mich sollte das den Beginn eines spannenden Abenteuers bedeuten. Denn obwohl die Corona-Pandemie zu diesem Zeitpunkt bereits zehn Monate andauerte, freute ich mich über die Aussicht, eine andere Kultur sowie neue Ideen und Arbeitsweisen kennenzulernen. Und wie viele andere hoffte auch ich, dass sich die Situation bald verbessern würde.

So fern und gleichzeitig so nah

Seit sieben Monaten befinde ich mich nun in Berlin. Zu Hause in Indien allerdings haben die Dinge unterdessen eine beängstigende Wendung genommen. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen mit dem Coronavirus liegt bei fast 400.000 und das Land verzeichnet nach vorsichtigen Schätzungen eine Rekordzahl von ca. 3.400 Todesfällen pro Tag. Das indische Gesundheitssystem ist mittlerweile zusammengebrochen, Migrant*innen verlassen die Städte in Scharen und insbesondere Indiens marginalisierte und vulnerable Bevölkerungsschichten leiden unter COVID-19. Krematorien in der indischen Hauptstadt, meiner Heimatstadt Delhi, sind gezwungen, behelfsmäßige Feuerstätten zu bauen, da der Stadt der Platz für die Einäscherung ihrer Toten ausgeht. Meine Social-Media-Kanäle werden täglich überflutet mit Anfragen nach Hinweisen auf Sauerstoffflaschen, lebenswichtige Medikamente, Beatmungsgeräte, Krankenhausbetten und vieles andere Lebensnotwendige mehr. Alle übrigen Menschen, die ich kenne, kämpfen darum, Ressourcen zu mobilisieren, um ihre Angehörigen zu retten, den Verlust eines nahestehenden Menschen zu verkraften oder selbst gegen die Infektion zu kämpfen.

Gleichzeitig helfen zivilgesellschaftliche Organisationen, Unternehmen, Freiwilligengruppen, aber auch viele Einzelpersonen Hunderten von COVID-19-Patient*innen und ihren Familienangehörigen, indem sie Notrufe und Hinweise auf noch vorhandene Kapazitäten und Hilfsangebote koordinieren. Auch viele internationale Organisationen haben Indien in dieser Krise ihre Hilfe angeboten. Mehrere deutsche Nichtregierungsorganisationen wie Save the Children Deutschland, die Welthungerhilfe und Brot für die Welt versuchen über ihre Netzwerke in Indien zu helfen.

Wie wir alle helfen können

Ich bin mir meines Privilegs bewusst, all dies aus einer „sicheren“ Distanz zu verfolgen – in der Lage zu sein, von zu Hause aus zu arbeiten sowie ein festes Einkommen, ein Dach über dem Kopf und Zugang zu medizinischer Versorgung zu haben. Diese „sichere“ Distanz ist allerdings ziemlich unangenehm – um es vorsichtig auszudrücken. Von hier aus versuche ich alles in meiner Macht Stehende zu tun, um ebenfalls Hilfe zu leisten. Sei es Hinweise auf Hilfsangebote für Freunde, Familie und manchmal auch Fremde zu verifizieren oder Spenden an NGOs zu tätigen, die unermüdlich daran arbeiten, die Not von COVID-19-Patient*innen und ihren Familien zu lindern. Obwohl – oder gerade weil – ich nur eine einzelne handelnde Person bin, erkenne ich das immense Potenzial, das dem Aktivwerden und dem Handeln jedem*jeder Einzelnen innewohnt. Da Indien, und die Welt insgesamt, in den kommenden Monaten weiterhin mit der Corona-Pandemie konfrontiert sein werden, ist jede*r Einzelne dazu aufgerufen, einen Beitrag zu leisten. In diesem Sinne bitte ich jede*n darum zu spenden, was immer er oder sie geben kann. Die folgende Liste enthält Informationen über Hilfsorganisationen, die gerade in Indien aktiv sind und die ich empfehlen kann.

  • GiveIndia sammelt derzeit Spenden für dringend benötigte medizinische Hilfsgüter sowie für die Unterstützung von Mitarbeiter*innen im Gesundheitswesen und Patient*innen während der zweiten Welle der COVID-19-Krise in Indien. Sie bieten auch Bargeld-Hilfen für die Familien an, die am stärksten von der Pandemie betroffen sind. Spenden Sie hier.
  • Goonj reagiert auf die anhaltende COVID-19-Krise, indem die Organisation Spenden sammelt und damit dringend benötigte Materialien wie Lebensmittel, Kleidung, Medikamente und mehr zur Verfügung stellt. Spenden Sie hier.
    Die Organisation selbst nimmt Spenden aus Indien entgegen. Internationale Spenden werden über Partnerorganisationen angenommen. Diese sind ebenfalls auf der Spendenseite von Goonj aufgeführt.
  • Die Hemkunt Foundation hat das Gebot der Stunde erkannt und begonnen, Sauerstoffflaschen an COVID-19-Patient*innen ausschließlich kostenlos zu verteilen. Die Stiftung hatte bereits während der ersten Welle gekochte Mahlzeiten in einem Umfang von 360 Tonnen an Wanderarbeiter*innen ausgegeben und Sauerstoffflaschen organisiert. Auch jetzt beschafft sie Sauerstoffflaschen für Bedürftige, die Hilferufe sind allerdings von 100 pro Monat auf 15.000 pro Tag gestiegen. Spenden Sie hier.
  • Swasti Health Catalyst baut derzeit ein Netzwerk von über 300 Organisationen und mehr als 2.000 Freiwilligen auf, um COVIDActionCollab zu starten. Dies ist ein Fonds mit dem Ziel, die Organisationen des Netzwerks in ihren Aktivitäten zu unterstützen, beispielsweise die Bevölkerung auf Begleiterkrankungen zu testen, Tele-Care für Patient*innen zu ermöglichen und COVID-19-Pflegezentren aufzubauen. Wenn Sie Ihre Zeit dieser Initiative widmen möchten, finden Sie hier die Informationen für Freiwillige.
  • Feeding India hat sich mit dem Logistikunternehmen Delhivery zusammengetan, um Sauerstoffkonzentratoren und andere Hilfsmittel für Krankenhäuser und Familien in Not zu beschaffen. Im Rahmen der Aktion „Help Save My India“ versuchen sie, 500.000.000 indische Rupien (etwa 5,6 Mio. €) zu akquirieren. Delhivery hat in Zusammenarbeit mit ihren Airline-Partnern vorübergehend eigene Charterflüge zu subventionierten Preisen organisiert, um sicherzustellen, dass ein Kapazitätsengpass bei der Luftfracht die Logistik dieser lebenswichtigen Güter nicht verzögert oder unerschwinglich macht. Spenden Sie hier.

Weitere indische Hilfsorganisationen, die tagtäglich an COVID-19-Hilfsmaßnahmen arbeiten, finden Sie hier.

In diesen schwierigen Zeiten wünsche ich allen das Beste und hoffe sehr, dass wir gestärkt aus dieser Situation herausgehen werden.

aus dem Englischen übersetzt von Tim Kotschenreuther

Symbolbild: Niedergeschlagener junger Mann mit leerer Sauerstoffflasche, Indien steht vor einem Engpass an medizinischem Sauerstoff
Indien steht vor einem Engpass an medizinischem Sauerstoff, Foto: PradeepGaurs, shutterstock.com