Erfolgsfaktoren für Corporate Social Innovation (CSI)

Notes From the Field #1/2018

Erfolgsfaktoren für Corporate Social Innovation (CSI)

„Notes from the Field“ in weniger als 100 Wörtern:

  • Veränderte Erwartungen an Unternehmen erfordern neue Lösungen.
  • CSI ist ein vielversprechender Ansatz für Unternehmen, um Verantwortung zu übernehmen
  • Über CSI-Erfolgsmuster gibt es noch viel zu lernen.
  • Basierend auf Erkenntnissen von Fachleuten für Soziale Innovationen haben wir bestehende Theorien und Methoden untersucht, um die Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Umsetzung
    von Corporate Social Innovation zu durchdringen.
  • Die vorliegende Ausgabe von „Notes from the Field“ ist eine Zusammenstellung von Erkenntnissen aus Unternehmen, die Innovationen erfolgreich vorgenommen haben. Sie soll denjenigen helfen, die sich nun dieser Herausforderung stellen möchten.

„Erfolgsfaktoren für Corporate Social Innovation (CSI)“ wurde von Maximilian Grimm und Marten Runge, Beyond Philanthropy Praktikant von September 2017 bis einschließlich Dezember 2017, verfasst.

Die veränderten Erwartungen an Unternehmen verlangen nach neuen Lösungen

Politische Umbrüche, Bankenversagen, und steigendes Misstrauen gegenüber kapitalistischen Institutionen prägen die ökonomische Entwicklung seit der Jahrtausendwende.(1) Diese unsicheren Bedingungen werden durch eine ansteigende Einkommensungleichheit – trotz globalen Wirtschafts-wachstums – dem Risiko der sozialen Exklusion, einem unaufhaltsamen Klimawandel und einer durch die Digitalisierung veränderten sozialen Dynamik verstärkt.(2) Das Ergebnis ist eine weltweite Forderung nach mehr Rechenschaftspflicht, Transparenz und sozioökonomischer Verantwortung seitens der Unternehmen.(3) Mit anderen Worten: Die soziale Verantwortung von Unternehmen geht über die bloße Verwaltung von Unternehmens-reputationen oder „Greenwashing“, wie es der Economist formuliert hat (4), hinaus. Sie hat sich weiterentwickelt, um unternehmerische Kompetenzen mit gesellschaftlichem Engagement zu verbinden.

Der Grundgedanke ist, dass Unternehmen eine größere soziale Wirkung erzielen können, wenn sie ihre Kernkompetenzen in ihrem sozialen Engagement nutzen. Bislang ist es nur wenigen Pionierunternehmen gelungen, sinnvolle Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen zu finden und dabei gleichzeitig eine gesunde finanzielle Rendite zu erzielen. Unsere Analyse der DAX-30-Unternehmen ergab, dass die Mehrheit der Unternehmen zwar Corporate Citizenship betreibt und damit ein Bewusstsein für die Notwendigkeit signalisiert, einen Beitrag zum gesellschaftlichen Wohl der Gesellschaft zu leisten. (5) Allerdings gibt es nur wenige Unternehmen, die bestehende Geschäftsmodelle strategisch umgestalten oder neue entwickeln, um ihre Ressourcen und Kompetenzen voll und ganz für das gesellschaftliche Wohl einzusetzen. Folglich können Unternehmensaktivitäten, die sich hauptsächlich auf Spenden und die Durchführung gemeinnütziger Programme konzentrieren, die Erwartungen der Stakeholder oft nicht vollständig erfüllen.

Corporate Social Innovation ist ein vielversprechender Ansatz für Unternehmen, Verantwortung zu übernehmen

Während sich traditionelle philanthropische Aktivitäten häufig auf kurzfristige Spenden oder Sponsoring konzentrieren, setzt Corporate Social Innovation bewusst auf Fähigkeiten, Dienstleistungen und Produkte innerhalb eines Unternehmens.(6) Die Kombination aus unternehmerischem Interesse und gesellschaftlicher Wirkung macht CSI zu einer vielversprechenden Lösung für mehr unternehmerische Verantwortung. Wenn CSI gut umgesetzt wird, kombiniert es sowohl die Vorteile der Geschäftsentwicklung (z. B. Zugang zu neuen oder verlorengegangenen Kundensegmenten oder Förderung von Innovationen) als auch die Vorteile von Corporate Social Responsibility-Aktivitäten (z. B. höheres Mitarbeiterengagement, eine erhöhte Legitimation, bessere Reputation und mehr Glaubwürdigkeit). (7)

Obwohl wir ein stetiges Interesse an Unternehmensinnovationsprogrammen sehen, die für die Schaffung von gesellschaftlichem Wert verantwortlich sind (z. B. Stipendienprogramme für Sozialunternehmer), stellen wir fest, dass CSI immer noch als Ergänzung und nicht als gut integrierte Maßnahme für Produkt- oder Service-Innovation wahrgenommen wird. Auch wenn Innovationen seit jeher den Kern von Unternehmen bilden, tauchen soziale Innovationen nur langsam in unternehmensweiten strategischen Plänen auf.

Es gibt noch viel über CSI-Erfolgsmuster zu lernen

Wir haben beobachtet, dass sich CSI in der Praxis als eigener Bereich entwickelt, bisher aber keine substantielle theoretische Analyse nach sich gezogen hat. Für eine Entwicklung und Verbreitung von sozialen Innovationen in Unternehmen fehlen kohärente und gebräuchliche Erfolgsmuster. Deshalb möchten wir eine Grundlage für eine praxisorientierte Erfolgstheorie für CSI schaffen, indem wir Führungskräfte bei der Implementierung von Corporate Social Innovation-Ansätzen in ihrem Unternehmen begleiten.

Was können wir von der bestehenden Innovationstheorie und von den Pionieren der sozialen Innovation in Unternehmen lernen?

Für ein tieferes Verständnis der Faktoren, die eine erfolgreiche Umsetzung von Corporate Social Innovation ermöglichen, haben wir die vorhandene Literatur zu Business Innovation und Social Innovation durchgesehen und Pioniere unter CSI-Führungskräften gebeten, ihre Erfahrungen und Gedanken mit uns zu teilen. Daraus konnten wir die folgenden Erfolgsfaktoren ableiten:

Erfolgsfaktoren für Corporate Social Innovation

1. Das Top Management einbeziehen – der interne Hebel

Soziale Innovationen werden oft als Bottom-up-Prozesse verstanden, die von Mitarbeitern unabhängig von Position und Rang initiiert und vorangetrieben werden. Dieser Gedanke wurzelt in einem Innovationsprozess, in dem alle Ideen gleichwertig behandelt werden. Da CSR-Aktivitäten jedoch oft kritisiert werden, weil sie nicht zum Profit beitragen, wird ihr Wert von den Mitarbeitern häufig in Frage gestellt. Folglich sollte sich das Top-Management klar zu CSI bekennen, mit gutem Beispiel vorangehen und daran arbeiten, negative Denkweisen zu verändern. Ein CSI-Verfechter sagte uns, dass es absolut entscheidend ist, „einen Entscheider an Bord zu haben, der sich für soziale Innovation im jeweiligen Unternehmen einsetzt“. Dies kann letztendlich ein Umfeld für soziale Innovation fördern und den Programmverantwortlichen grünes Licht für den Zugriff auf unternehmensweites Wissen und Ressourcen geben.

2. Sektorübergreifende Partnerschaften bilden – der externe Hebel

Als ebenso wichtig neben der Einbindung des Top-Managements erachten CSI-Fachleute den Aufbau von sektorübergreifenden Partnerschaften. Während in der Wirtschaft das Unternehmen der wichtigste Innovationstreiber ist, ist es im sozialen Kontext wahrscheinlicher, dass Innovation aus einer Kombination verschiedener Akteure hervorgeht, die den öffentlichen Sektor, soziale Unternehmen und andere gemeinnützige Organisationen mit den Wirtschafts-unternehmen verbindet. Pionierprojekte in Europa unterstützen diesen Gedanken (Beispiele finden Sie in unserer Studie „Mehrwert2“). Wenn themenspezifisches Wissen einer öffentlichen oder zivilgesell-schaftlichen Organisation mit Unternehmens-ressourcen und Geschäftswissen kombiniert wird, entstehen effektive und robuste Lösungen. Laut einem für soziale Innovation zuständigen Direktor eines großen inter-nationalen Unternehmens bringen die strategischen Partnerschaften mit Organisationen des zivilen Sektors Fachwissen und Daten sowie Zugang zu einer potenziellen Zielgruppe ein, auf die ein Unternehmen allein keinen Zugriff hätte. Kurzum, sektor-übergreifende Partnerschaften ermöglichen ein intelligentes CSI-Design.

3. Kollegen mobilisieren – ein Team von Changemakern aufbauen

Ein weiterer zentraler Aspekt sozialer Innovationen ist das Engagement der Mitarbeiter. Das Topmanagement kann zwar durch Anordnung dazu beitragen, CSI im Unternehmen voranzutreiben, doch es bedarf eines motivierten Teams mit gemeinsamer Vision, um eine Bewegung hin zum internen Wandel zu etablieren. Die Mehrheit der Befragten betrachtet die Mitwirkung der Kollegen als fundamental. Einer von ihnen betonte beispielsweise, dass es von großer Bedeutung sei, „inspiriert zu sein und das Bewusstsein der Mitarbeiter für die Ansätze und Potenziale sozialer Innovationen zu schärfen“ und dies als einen nicht zu unterschätzenden ersten Schritt zu betrachten. Aus diesem Grund sollte man ein Netzwerk aus Mitarbeitern mit  nterschiedlichen Stärken aufbauen und gleichzeitig Strukturen errichten, die eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen diesen Mitarbeitern ermöglichen. Die Literatur greift das Thema Engagement und Social Intrapreneurs seit einigen Jahren verstärkt auf, und inzwischen ermöglichen zahlreiche Publikationen einen tieferen Einstieg in das Thema.(8)

Während das Bewusstsein für die drei genannten Faktoren weithin vorhanden ist, wurden andere Faktoren, auf die wir während unserer Forschung gestoßen sind, als etwas weniger wichtig, aber dennoch relevant erachtet.

4. CSI in die Gesamtstrategie integrieren

Ein für uns überraschendes Ergebnis ist die Uneinigkeit der Befragten über die Bedeutung der Integration von Corporate Social Innovation in die Gesamtstrategie des Unternehmens. So befanden einige der Interviewten, dass es nicht notwendig sei, Innovationen eng in die Governancestrukturen eines Unternehmens einzubinden (z.B. betreiben viele Unternehmen eher unabhängige Innovationszentren). Wir hingegen sind der Meinung, dass es essentiell ist, CSI Aktivitäten mit dem Kerngeschäft zu verbinden und das unabhängig davon, wie stark CSI in die Governancestrukturen integriert ist. Oder um es mit den Worten eines CSI-Pioniers zu sagen: „Ein Erfolgsfaktor für die effektive Realisierung sozialer Innovationen in einem Unternehmen ist es, strategische Lösungen entlang der Kompetenzen und Ressourcen im
Unternehmen zu finden“. Für diejenigen, die die Integration von CSI in die Gesamtstrategie befürworten, ist die Wirtschaftlichkeit eines der Hauptargumente. So berichten viele Führungskräfte, dass CSI-Initiativen Budgetkürzungen schneller zum Opfer fallen, wenn sie nicht klar in die Strategie eines Unternehmens integriert, sondern vielmehr als ein Add-on betrachtet wurden.

5. Gesellschaftliche Wirkung definieren und messen

Trotz der Tatsache, dass CSI sowohl auf einen gesellschaftlichen als auch auf einen wirtschaftlichen Nutzen abzielt, erachten es die von uns befragten CSI-Pioniere als besonders wichtig, vor allem die gesellschaftliche Wirkung von CSI zu definieren und zu messen. Diese Bewertung war für uns insofern eine Überraschung, als die eigentliche Idee hinter CSI die gesellschaftliche Rendite keinesfalls über die wirtschaftliche Rendite stellt. Jedoch ganz gleich welche Wirkung analysiert werden soll, für alle Unternehmen, die im Bereich CSI aktiv werden wollen, gilt, dass die Wirkungsmessung zu einer Herausforderung werden kann, wenn sie nicht von Anfang an richtig aufgesetzt wird. Hier darf nicht vergessen werden, dass – auch wenn die Wirkungsmessung zu Beginn einer CSI Initiative keine Priorität sein mag – das Top-Management und weitere Stakeholder letzten Endes wahrscheinlich diese wichtigen Zahlen fordern.

Schlussfolgerung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es offensichtliche Faktoren gibt, die bei der erfolgreichen Umsetzung von CSI in Unternehmen berücksichtigt werden müssen. Neben der Einbindung des Top-Managements, der Initiierung sektorenübergreifender Partnerschaften und des Mitarbeiterengagements sehen wir auch die Integration von CSI in die Gesamtstrategie des Unternehmens sowie die Definition und Messung von Wirkung als relevante Erfolgsfaktoren an. Natürlich sind diese Aspekte eng miteinander verknüpft und Erfolg einer CSI Initiative ist nur dann möglich, wenn eine Kombination dieser Faktoren gewährleistet ist. Aufgrund des wachsenden Interesses an CSI werden wir künftig sicher vermehrt auf erfolgreiche Fälle treffen, die wir untersuchen und dabei von ihnen lernen können. Bis dahin sollen diese Notes from the Field als Leitfaden dienen, der mit ersten Erkenntnissen zur erfolgreichen Entwicklung von CSI-Ansätzen beitragen soll.

DIE HERAUSFORDERUNG DER CORPORATE SOCIAL INNOVATION

Wir möchten Unternehmer ermutigen, sich der Herausforderung von Corporate Social Innovation zu stellen. Wir wollen eine Grundlage für eine praxis-orientierte Erfolgstheorie für CSI schaffen, indem wir Führungskräfte bei der Implementierung von Corporate Social Innovation-Ansätzen in ihrem Unternehmen begleiten. Wenn Sie also wissen möchten, wie Sie CSI in Ihre Gesamtstrategie integrieren können, nehmen Sie gern Kontakt mit uns auf. Beyond Philanthropy hat bereits eine Vielzahl von Kunden bei der Neuausrichtung ihrer strategischen Ansätze unterstützt.

Wenn Sie mehr über inklusive Geschäftsmodelle erfahren möchten, schauen Sie sich unsere Studie “Mehrwert2”an.

1: Harary A. et al. (2017): “2017 Edelman Trust Barometer – Global Report”

2: Beyond Philanthropy (2017): “Value² – Social Innovation for Business and Society”; http://www.un.org/sustainabledevelopment/sustainable-development-goals/ ; Hartmund Rosa (2005): “Acceleration”, in: Suhrkamp Verlag

3: United Nations (2015): Sustainable Development Goals; http://www.un.org/sustainabledevelopment/sustainable-development-goals/

4: Economist (2012): “Good business; nice beaches”; http://www.economist.com/node/21555539 (accessed: 12.12.2017)

5: Beyond Philanthropy & goetzpartners (2017): “From Good Intentions to Real Results”

6: Mulgan G. (2007): “Social Innovation – What it is, Why it matters and How it can be accelerated”

7: Beyond Philanthropy (2017): “Value² – Social Innovation for Business and Society”

8: Grayson et al. (2011): “Social Intrapreneurs —An Extra Force For Sustainability”